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  1. Aktuelles aus dem CJD
  2. 2. Politisches Frühstück

Bewegung im Denken beim 2. Politischen Frühstück

„Gehen Sie einen Schritt vor, wenn Sie selbstständig einen Facharzttermin vereinbaren können. Gehen Sie einen Schritt vor, wenn Sie sich bei Dunkelheit sicher auf der Straße fühlen können …“ – Mit diesen Worten begann der sogenannte Privileg-Walk beim 2. Politischen Frühstück am 27. Oktober in der Zentrale des CJD Nord in Dahmen.

Rund 20 Gäste aus Politik, Wirtschaft und Verbänden waren der Einladung des Jugendmigrationsdienstes aus Waren gefolgt und wagten gemeinsam den Perspektivwechsel. Das Ziel: die eigenen Privilegien in unserer Gesellschaft bewusst wahrzunehmen.

Stefan Semjank vom Diakonischen Werk MV, der im Spiel die Rolle eines weißen, deutschen, katholischen Bankkaufmanns übernahm, zeigte sich nachdenklich: „Gruselig, dass ich die hinter mir nicht wahrgenommen habe.“ Gemeint waren jene, die in unserer Gesellschaft oft abgehängt werden – etwa aufgrund ihres Migrationshintergrunds. Spielleiterin Theresa Silberstein, für die Soziale Betreuung der Ukrainerinnen und Ukrainer im Migrationszentrum MV zuständig, brachte es am Ende auf den Punkt: „Was im echten Leben hilft, ist an die Hand genommen zu werden, Begleitung zu erfahren und eine echte Chance zu bekommen.“ Janin Volkstädt, Leiterin des JMD Waren und Organisatorin des Vormittags, bekräftige: "„Es tut uns in der Seele weh zu sehen, dass so viele Menschen vor Hürden stehen, die sie nicht bewältigen können!“

Zu Beginn der Veranstaltung hatte Jens Matschenz von der Vereinigung der Unternehmensverbände über aktuelle Zahlen und Fakten zum Fachkräftemangel im ländlichen Raum informiert. „Der Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften ist stark gestiegen – derzeit fehlen in der Region 13.492 Fachkräfte“, so Matschenz. Besonders betroffen seien die Bereiche Pflege, Gesundheit und Verkauf. Internationale Rekrutierung sei gerade für kleine und mittelständische Unternehmen noch Neuland, betonte er, und empfahl gezielte Sprachförderung, Netzwerke mit anderen Unternehmen, konkrete Unterstützung bei der Wohnungssuche sowie eine aktive Mitgestaltung von Anerkennungsverfahren.

„Im ländlichen Raum ist der Aufwand zwar höher, doch die Unternehmen profitieren von Vielfalt – und haben letztlich keine andere Chance“, resümierte er. Eine gelebte Willkommenskultur könne so zu einem echten Vorzeigeprojekt für die Gesellschaft in Mecklenburg-Vorpommern werden.

In der anschließenden Diskussion herrschte Einigkeit darüber, dass Bildung der Schlüssel für gelungene Integration ist. Schule und Kita seien entscheidende Orte, um Eltern zu erreichen. Darüber hinaus brauche es mehr Prävention, stärkere Polizeipräsenz, Zivilcourage, ein offeneres Verwaltungshandeln und flexiblere Förderrichtlinien, um Ressourcen gezielter einsetzen zu können.

Nach einem intensiven Vormittag stand fest: Die „Koalition der Willigen“ möchte das Thema weiter vorantreiben – mit einem geplanten Fachtag oder Bildungsgipfel 2026, bei dem erneut alle relevanten Akteure an einen Tisch gebracht werden sollen.