„Alle Jugendlichen haben eine Chance verdient“

Wie wirkt sich die Digitalisierung der Arbeitswelt auf junge Menschen mit Handicap aus? Erste Antworten liefert ein CJD Fachtag mit prominenten Gästen, darunter „First Lady“ Elke Büdenbender.

Die berufliche Bildung liegt Elke Büdenbender am Herzen. Die Richterin und Ehefrau von Frank-Walter Steinmeier war selbst einmal Auszubildende. Aufmerksam verfolgt sie den Wandel hin zur Arbeitswelt 4.0. „Die Digitalisierung wird unsere Lebens- und Arbeitsbedingungen enorm verändern“, sagt sie. Die Gesellschaft müsse junge Menschen auf die neuen Herausforderungen vorbereiten – auch junge Menschen mit Handicap. „Alle Jugendlichen werden gebraucht und haben eine Chance verdient, sich ihren Fähigkeiten entsprechend einzubringen. Das nennt man Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit."

Die „First Lady“ spricht auf einer CJD Fachtagung Anfang Juni 2018 in Berlin: Fachleute aus Politik, Verbänden und Einrichtungen beleuchten dort die „Auswirkungen der Digitalisierung auf die Ausbildung von jungen Menschen in der Rehabilitation“. Das CJD ist ein anerkannter Träger in der Ausbildung von jungen Menschen mit körperlichen, geistigen, psychischen und Lernbehinderungen. „Wir fragen uns: Welche Kompetenzen müssen wir ihnen vermitteln, damit sie mit der Digitalisierung mithalten können?“, sagt CJD Direktorin Petra Densborn. Sie hat die Veranstaltung vorbereitet und Elke Büdenbender als Schirmherrin gewonnen.

„Jeder wird gebraucht“: Elke Büdenbender, Schirmherrin des CJD Fachtags Digitalisierung, im Gespräch mit CJD Auszubildenden. Links neben ihr Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks. Fotos: Mara von Kummer

Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, nimmt ihre Frage auf und berichtet von Malerbetrieben, die Kunden online bei der Farbwahl beraten. Von Tischlern, die für Entwürfe einen 3D-Möbelkonfigurator nutzen. Natürlich: Neue Technologien könnten – zumindest zeitweise – Menschen ausschließen. Aber sie könnten auch die Inklusion begünstigen. So wisse er von einem Handwerksbetrieb, der 14 Menschen mit Behinderung beschäftigt, die Schaltschränke montieren – „das wäre früher nicht möglich gewesen“. Ein digitaler Assistent leite sie an, in dem er jedes Bauteil dorthin projiziere, wo es hingehört.

Ähnlich differenziert das Bild in der öffentlichen Verwaltung: Sie biete Mitarbeitenden mit Handicap technische Unterstützung, sagt Sabine Smentek, Staatssekretärin für Informations- und Kommunikationstechnik in der Senatsverwaltung für Inneres und Sport Berlin. Sie fordere von Mitarbeitenden aber auch mehr Digitalkompetenz als früher. „Selbst Gärtner müssen sich heute mit dem Computer auskennen.“

Wird das deutsche System der Berufsausbildung sich rasch genug an diese Veränderungen anpassen? Auf dem Podium diskutieren Expertinnen und Experten unter anderem über Ausbildungsrahmenpläne und ihre Novellierung. Es zeigt sich: Der Teufel steckt im Detail. Die Materie sei „komplex“, sagt Petra Densborn zum Abschluss des Fachtags. Die Lücke zwischen Theorie und Praxis bisweilen groß. Sie zu schließen, eine nächste Herausforderung.